Das Interplastprojekt
Berlin-Paraguay 2017
In Ciudad del Este vom 3.11.- 19.11.2017

Interplast Mission 2017

 

 

Teammitglieder Paraguay 2017

 

Dr. Knut Busching (Leer)
Dr. Annett Kleinschmidt (Berlin)
Dr. Horst Schuster (Berlin)
(FÄ für Plastische und Ästhetische Chirurgie)
Dr. Roberto Spierer – Teamleiter
(FA für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Handchirurg)
Dr.Dr. Jürgen Ervens (Berlin)
(FA für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie)
Dr. Tina Meister (Minden)
Dr. Bianca Schläger (Berlin)
(FÄ für Anästhesie)
Karsten Ochmann (Berlin)
(Anästhesiepfleger)
Sibel Istemi Dogan (Berlin)
(OP Schwester)
Sabine Müller (Hannover)
(Projektmanagerin)
Hans-Peter Vogel (München)
(Softwareentwicklung – Statistik)

 

Zum 6. Mal in 8 Jahren fuhr ein Team von Interplast Berlin nach Ciudad del Este an der Ostgrenze Paraguays in unmittelbarer Nähe zu den Wasserfällen von Iguazu. Wie bei jeder der vorigen Fahrten war viel zusätzliches Gepäck (18 Koffer) dabei. Wieder waren wir durch Spendensammlungen v.a. von Salesforce und seinen Mitarbeitern, sowie Materialspendensammlung unter freundlicher Mithilfe der Industrie (u.a. Hartmann, Erbe und Coviderm, sowie einer großzügigen Materialspende von Vivantes Berlin) mit reichlich Material ausgerüstet.
Ein erster Schreck ereilte uns nach Ankunft am Samstag den 4.11. um 5°° Morgens in Sao Paolo: der Koffer mit den OP-Stoffabdeckungen war nicht dabei!
Ein örtlicher Mitarbeiter der Fluggesellschaft versicherte uns aber bald, dass der Koffer am Folgetag eintreffen würde.
– Er kam nur leider nie an!-
Nach Weiterflug wurden wir an der brasilianischen Grenzstadt Foz de Iguazu von unseren örtlichen Partnern, Dr. Carlos Watties mit Ehefrau Monica, Honorarkonsul Karsten Friedrich mit Ehefrau Denise, die wir inzwischen schon als Freunde betrachten dürfen , abgeholt und unter Polizeieskorte (!) durch das Verkehrsgewühl über die Grenzbrücke nach Paraguay gebracht.

 

Zunächst mal gab es schlechte Nachrichten: die Narkosegeräte der beiden OPs würden nicht sicher funktionieren und das Dach des „plastischen“ OPs sei undicht und es würde seit Monaten reinregnen.
Die örtliche Koordination, Patientenkontakte und logistische Unterstützung erfolgte wie bisher jedes Mal durch den unermüdlichen, unglaublich engagierten und enthusiastischen Chirurgen, Dr. Carlos Watties.
Karsten Friedrichsen und seine Lebensgefährtin Denise, generierten und organisierten das lokale Sponsoring, welches Hotel und Transport finanzierte.
Und es war auch Karsten, der mit aus eigener Tasche bezahlten Handwerkern und Technikern die Abdichtung des Daches und die Überholung der Narkosegeräte kurzfristig organisierte und finanzierte.

 

In der Klinik erwarteten uns einige Überraschungen.
Es gab einen von der privaten medizinischen Universität finanzierten Neubautrakt.
Und in den OP-Sälen waren die Wände gekachelt und neue Klimaanlagen installiert worden und (kleines Wunder) funktionsfähig und im Einsatz.
Am Sonntag ging die Arbeit schließlich richtig los. Während das Anästhesieteam die beiden zur Verfügung gestellten (einzigen) OP Säle mit den dazugehörigen Narkosegeräten überprüfte (und für nur eingeschränkt tauglich befand) und OP-Schwester Sybel unser Material verstaute und ordnete, fingen die Chirurgen in 2 Teams mit der Triagierung, d.h. Untersuchung, Beratung und Festlegung der Dringlichkeit einer möglichen Operation bei insgesamt ca. 80 Patienten an. Unterstützt wurden wir von Medizinstudentinnen, die die Listenführung und Erstbefragung der Patienten verantworteten. Alle Patienten wurden fotografiert und dokumentiert. Bei den Patienten mit eindeutiger OP- Indikation wurde zusätzlich eine OP-Aufklärung durchgeführt und durch einen der Anästhesisten die OP-Fähigkeit nachgewiesen.
Jürgen, unser Kieferchirurg und Horst, der gut spanisch spricht, untersuchten die Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.
Annett, Knut und der Autor (auch spanisch sprechend) untersuchten und planten die Patienten für den „plastischen“ Tisch. Sabine (auch spanisch sprechend) führte die Computereingabe.
Der Schwerpunkt der zu behandelnden Probleme lag hier eindeutig auf Verbrennungsfolgen. Wir sahen zum Teil massiv entstellende und behindernde Narben. Im Verlauf der nächsten Tage stellten sich aber auch Patienten mit Decubitus, Hauttumoren, posttraumatischen Osteomyelitiden, und Kinder mit Fehlbildungen von Händen oder Füßen vor.
In der Sprechstunde sahen wir in der ersten Woche 420 Patienten erstmalig.
Außerdem führten wir dort noch mehrmalige Verbandswechsel vieler der operierten Patienten durch. (Insgesamt ca. 200).
Am 2. Tag konnten wir dann mit dem Operieren beginnen.
Operiert wurden 76 Patienten an 10 Narkosetagen mit täglich knapp 8-10 Narkosestunden und einer durchschnittlichen OP Dauer von 2-2,5 Stunden.
Der jüngste Patient war 4 Monate alt. Seine Lippenkieferspalte wurde von Jürgen in gewohnt fantastischer OP Technik verschlossen.
Der älteste Patient war 64 und hatte ein großes Basaliom auf der Wange, welches entfernt und der Defekt mit einem großen Vorschublappen gedeckt wurde.
Am letzten Arbeitstag organisierten Sabine und Horst ein Kinderfest für die operierten Kinder und die Kinder der Krankenhausmitarbeiter, welches größten Anklang fand und über welches sogar der örtliche Fernsehsender berichtete.
Nach 11 harten, aber beglückenden Arbeitstagen führten wir eine Inventur des nicht verbrauchten Materials durch, welches wir zum Teil dem Krankenhaus spendeten, zum Teil aber für Folgeeinsätze eingelagert haben.
Mit Carlos Watties, der die Nachbehandlung unserer Patienten wie bisher jedes Mal dankenswerter Weise übernommen hat, wurde die Therapie für jeden Patienten einzeln besprochen.
Eine Besonderheit des Einsatzes war der Einsatz einer Software von Salesforce zur Patienten- und Fotoverwaltung. Diese wurde im Verlauf der Tage von Hans-Peter, der uns auf eigene Kosten begleitete, modifiziert und an unsere Bedürfnisse angepasst.
Das Ziel ist die Entwicklung einer Software, die für Hilfseinsätze die Patienten- und Datenverwaltung vereinfacht.

 

Es war für den Autor der bisher beste Einsatz den er begleiten durfte.
Teamgeist und Einsatz, sowie fachliche Qualität, die Patientennachfrage und die Art der vorgestellten Erkrankungen, die Arbeitsabläufe, alles war Perfekt und erfüllend.
Wir wünschen uns bald wieder ein ebenso erfolgreiches Projekt, organisieren zu können.

Autor: Roberto Spierer